mit Beiträgen von:
Salma Al-Khadra
Simone Boehringer
Flavia Bon
& Anita Michaluszko
Madlaina Brugger
Mara Danz
Silvie Noemi Demont
Mira Durrer
Hans Fässler
Ursula Helg
Martina Huggel
Sushma Iyengar
Barbara Muff
& Alex Amir Khan
Vitjitua Ndjiharine
Sara Liz Marty
The Nest Collective
mit Sunny Dolat
Urs Spuler
Andrea Štaka
Hanes Sturzenegger
& Marisa Sturzenegger
Katharina Weingartner
Maja Wiprächtiger
Nadja Zürcher
Vom 13. bis 15. September 2024 findet unter dem Claim Textile Cultural Practices ein erstes Forum Situated Practices im Rahmen der Klöntal Triennale 2024 auf dem Areal der ehemaligen Legler Textilfabrik in Diesbach im Kanton Glarus Schweiz statt. Thematisch setzt sich die dreitägige Veranstaltung mit der Geschichte und Zukunft des Textilen auseinander.
Auf dem Gelände der ehemaligen Textilfabrik arbeiteten zu Spitzenzeiten bis zu 80 Menschen unter den damals üblichen Bedingungen an den Spinn- und Webmaschinen. Glarus war mit zahlreichen weiteren Textilbetrieben ein Hotspots der Textilindustrie, die in der Landschaft unübersehbare Spuren hinterlassen und die Gesellschaft geprägt hat.
Die Textilbranche bleibt auch nach ihrer weitgehenden Verlagerung in den globalen Süden bis heute eine der schmutzigsten Industrien der Welt, wo sich Missstände durch die gesamten Produktions- und Lieferketten ziehen, von den Anbaumethoden der Rohstoffe, über Menschenrechtsverletzungen bei den Arbeitsbedingungen bis zu den enormen Umweltbelastungen durch Produktionsverfahren und exzessiven Over-Konsum.
Andererseits ist Mode eines der spannendsten kulturellen Feldern, wo wir alle auf unterschiedlichste Weise und nach komplexen und ständig wechselnden Kriterien, die weit über rationale Kaufentscheidungen hinaus gehen, in einem grossen Spiel von Anpassung und Abgrenzung partizipieren und wo durch sinnstiftende Interaktionen von Menschen und Dingen im Alltag laufend Identitäten ausgebildet, zugespitzt oder aufgelöst werden.
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklungen, aktueller kultureller Analysen und der spezifischen historischen Erfahrung des Ortes soll in der diesjährigen Ausgabe des Forum Situated Practices der Frage nachgegangen werden, wie sich die Textil- und Modebranche im Hinblick auf einen nachhaltigen und gerechten Umgang mit Ressourcen entwickeln könnte, inwiefern praxisbasiertes Wissen oder traditionelle Anbau- und Produktionsverfahren wieder eine Bedeutung bekommen könnten und worauf sich zukünftige Modetrends richten müssten.
Forum Situated Practices 2024: Textile Cultural Practices wird von Brigitt Egloff, Tina Moor, Elisabeth Nold Schwartz, Peter Spillmann und Nora Wagner kuratiert.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurde lange als eine in erster Linie lokale Geschichte verstanden mit einem kritischen Fokus auf ihre sozialen und wirtschaftlichen Effekte vor Ort. Die engen Verstrickungen mit den globalen kolonialen Verhältnissen blieben dabei meist unsichtbar oder werden auf der Ebene der exotischen Motive, welche in lokale Traditionen eingeflossen sind, idealisiert.
Nach 25 Jahren historischer Forschung ist klar: Eidgenoss:innen waren auf alle möglichen Arten an transatlantischer Sklaverei und Kolonialismus beteiligt, Pro-Kopf vermutlich noch mehr als Frankreich. Zentral ist bei dieser Verflechtungsgeschichte die Textilindustrie: Indiennes- und Leinenstoffe dienten als Tauschgut gegen Versklavte an den Küsten Afrikas, sklavereiproduzierte Baumwolle aus der Karibik und den USA legte den Grundstein für die Industrialisierung der Schweiz. Neben der Textilgeschichte zeigen sich koloniale Verknüpfungen auch im Solddienst, in der Auswanderung, in Investitionen, in Völkerschauen und in der Wissensproduktion. Das illustrierte Referat wird auch Glarner Beispiele enthalten, textile (Fridolin Blumer, Johann Rudolf Jenny) und andere (Johann Jakob v. Tschudi, Jean Rudolphe Trümpy, Heinrich Rosenberger, Jakob Steinmüller, Matthias Schlittler, Thomas Legler).
Hans Fässler (Jahrgang 1954) ist Historiker, Aktivist und Stadtführer. Sein «Reise in Schwarz-Weiss. Schweizer Ortstermine in Sachen Sklaverei» (Zürich 2005) gilt als eines der Bücher, welche die Debatte über die Schweizer Kolonial- und Sklavereigeschichte angestossen haben. Mütterlicherseits hat er Wurzeln in der Glarner Textilindustrie (Leuggelbach, Nidfurn), väterlicherseits in der St.Galler Schokoladeindustrie (Maestrani). Fässler lebt und arbeitet in St.Gallen.
Vitjitua Ndjiharine’s installation is full of colorful forking paths and patterns is inspired by visuals of roads, maps, pathways and constellations of space and social infrastructure, constructed and abstracted, mostly in Africa. Her installation is a continuation of an ongoing examination of Gropius Hain in collaboration with Dekoloniale Berlin, focusing on colonial stratifications and unlearning the dominant narratives in Berlin’s public space, including the problematic legacy of Königliches Museum für Völkerkunde. Back in 2022, the artist installed a series of flags at the site of the former museum, archiving the accounts of Black history and resistance in the city of Berlin. Parallelly, a new commemorative plaque was added on the corner of Niederkirchnerstraße and Stresemannstraße by FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum as part of their anti-racist rereading of space. The artist discusses themes associated with this work which include colonial entanglements between Europe and Africa.
Vitjitua Ndjiharine, (b. 1988) is a multidisciplinary visual artist from Namibia. She develops strategies of deconstructing and re-contextualizing the pedagogical function of texts and images found within colonial archives.
Delivery Details is a companion piece realized as part of the Return To Sender project presented at documenta15 in Kassel. This work explores the proliferation of second-hand clothes and textile waste from the Global North shipped to Global Southern countries across Africa and Asia as a way for their main producers, the Global North, to get rid of them, through dubious legal and regulatory channels.
The multimedia installation comprises three parts, central to which is a pavilion of waste constructed from tightly bound bales of used and discarded garments, known in Kenya as "mitumba". They serve as an ugly reminder of the impact of uncontrolled consumption and grotesque waste generated in the Global North, and the regulations that allow these objects and waste to be smuggled into the Global South, forcing them to be the business of less industrialized nations to deal with, as both waste and non-waste.
The Nest Collective is a multidisciplinary arts collective living and working in Nairobi. Founded in 2012, the Nest Collective has created works in film, music, fashion, visual arts, and literature such as the critically-acclaimed queer anthology film Stories of Our Lives, which has so far screened in over 80 countries and won numerous awards. The Nest Collective also founded HEVA—Africa’s first creative business fund of its kind—to strengthen the livelihoods of East Africa’s creative entrepreneurs.
Die Textilbranche ist auf unterschiedlichen Ebenen auf der Suche nach Strategien, wie die Produktion und der Umgang mit Textilien nachhaltig, innovativ und kreislaufbasiert organisiert werden kann. Mit Blick auf Textil-Design sind Spielformen des lokalen Handwerks, Netzwerk-, Sharing- und Prozessstrategien oder die Verwendung von digitalen Tools vielversprechend.
Der Programmteil Textile Designstrategien_ entstand in Kollaboration mit der Forschungsgruppe Produkt & Textil der HSLU Design Film Kunst und wurde von Brigitt Egloff, Tina Moor und Nora Wagner kuratiert.
Zum Einstieg wirft Martina Huggel einen Blick in die Vergangenheit. Konkret beleuchtet der Input die Geschichte des Glarner Textildrucks. Dieser Zweig der Glarner Industrie- und Textilgeschichte steht stellvertretend für alle anderen, wie bspw. die ebenso traditionsreiche Textilweberei. Die rund 280jährige Geschichte des Textildrucks endete im Jahr 2023 mit der Schliessung der letzten Glarner Textildruckerei. Als Johann Heinrich Streiff 1740 in Glarus die erste Textildruckerei eröffnete, war kaum vorstellbar, welchen Stellenwert dieser Industriezweig für das Glarnerland erlangen würde. Generationen von Glarnerinnen und Glarnern wurden Zeug*innen von dessen wirtschaftlichem Erfolg, der Pracht der produzierten Stoffe und Ornamente, aber auch von den Schattenseiten der Industrialisierung für die Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter.
Martina Huggel (*1973) ist Historikerin und Museumsfachfrau aus Zürich. Sie studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Kirchengeschichte an der Universität Zürich. Matura und Studium absolvierte sie über den zweiten Bildungsweg. Danach führte sie ihr Weg direkt ins Museum. Seit 16 Jahren arbeitet sie in verschiedenen Schweizer Museen. Die längste Zeit davon im Museum Aargau, wo sie 11 Jahre tätig war, zuletzt als Chefkuratorin und Vizedirektorin. Nach zwei weiteren Aargauer Museen, einer kurzen Tätigkeit in der Abteilung Kultur des Kantons Aargau und einem MAS in Kulturmanagement (Uni Basel, Abschluss 2020) führte sie ihr beruflicher Weg in den Kanton Glarus. Dort leitet sie seit Oktober 2023 das Museum des Kantons Glarus im Freulerpalast, wo im Juni 2024 der neue Teil der Dauerausstellung zum Glarner Textildruck eröffnet wurde
Physisches Handwerk ist die Technologie des vordigitalen Zeitalters, während digitale Werkzeuge zum Handwerk der Zukunft werden. Augmented Weaving kreierte einen Beitrag zur ersten holografischen Modenschau von Future Front Row an der Amsterdam Fashion Week. In der Kollektion „On The Fraying Edge“ trifft Tradition auf Technologie. Jedes Stück erscheint tragbar, widersetzt sich aber den Zwängen der Schwerkraft und eröffnet Raum für die Vorstellung einer anderen Realität.
Augmented Weaving ist ein experimentelles Forschungsprojekt, das die Technik des Jacquardwebens mit digitalen Formen des Handwerks thematisiert. Initiiert wurde es 2021 von den beiden Designerinnen Anita Michaluszko und Flavio Bon. Ihre Schwerpunkte bilden sowohl der physische wie den virtuellen Bereich, wo die beiden virtuos mit 3D-Design und Metaverse-Anwendungen das traditionelle Design in die digitale Welt und zurück verschieben, deren Grenzen ausloten und erforschen.
NERI schafft ein Angebot an ökologisch und industriell gewebter Meterware mit der Nutzung regionaler Naturfasern und Produktion und der Möglichkeit, Kleinmengen zu beziehen. Durch die Vernetzung der Akteur*innen des gesamten textilen Produktionsprozesses – vom Boden, der Aussaat über das Garn zum Färben und Weben – werden die einzelnen Schritte vom Anbau bis zur Produktion für alle sichtbar und nachvollziehbar. Bei NERI werden kleine Bestellungen gesammelt und durch die Aufteilung der Produktion, die von der Industrie geforderten grossen Bestellmengen erreicht. Ziel ist es, kurzmöglichste Lieferketten in der Textilproduktion aufzubauen, die regionale Wertschöpfung zu stärken und dabei Mensch und Natur sich näher zu bringen.
Die erste Edition besteht aus 100% Leinen in Zusammenarbeit mit Swissflax, Linificio e Canapificio Nazionale, der Weberei Minnotex, der Färberei Probst, Botanitex und dem Textilveredler Johann Müller.
Mira Durrer ist Textildesignerin und Fadenzieherin hinter NERI. Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit ist sie Dozentin für Stoffgestaltung an der HF Textildesign Basel und leitet den Studiengang. Als Mitglied von Fibershed DACH setzt sie sich für die Verwendung von regionalen Bastfasern ein.
Nach einer Schneiderlehre und dem Bachelorstudium in Textildesign hat sie zuerst in Dänemark für exklusive Marken wie Chanel und Prada handgewebte Stoffe hergestellt, und danach in der Industrie bei Ruckstuhl und Lantal Textiles als Textildesignerin gearbeitet. Bei Lantal SA leitete sie zudem während zwei Jahren das Designteam in Portugal. Im CAS Nachhaltigkeit für Dozierende in Design und Kunst und im Master Design an der HSLU hat sie ihr Interesse weiter vertieft. Sie sieht sich als Bindeglied zwischen dem Anbau lokaler, nachwachsender Rohstoffe, dem Textildesign, traditionellem Handwerk, den Kleinunternehmer*innen und der lokalen Industrie.
In einer Zeit, in der Materialien oft aus hochspezialisierten Industriekomplexen stammen, betont DANZ die Wichtigkeit, handwerkliche Techniken in zeitgenössisches Design zu integrieren und so das Bewusstsein und das Verständnis für die Nutzung und Verarbeitung von Materialien zu fördern.
Ab 2021 tauchte Mara Danz durch die Kollaboration mit der letzten industriellen Seidendruckerei der Schweiz - der Textildruckerei Mitlödi (GL) - in die Handwerkskunst des Siebdrucks ein. Aus dieser Auseinandersetzung resultierten lebendige, handgefertigte Siebdruckstoffe, die im Glarnerland bedruckt, veredelt und zu verschiedenen Projekten wie beispielsweise der Kollektion ‚if you dont let us dream, we wont let you sleep‘ verarbeitet wurden. Ende 2023 musste die Fabrik ihre Tore für immer schliessen, somit gehören die Stoffe von DANZ zu den letzten, die dort produziert wurden. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit durchforstete Mara Danz unzählige Archivbücher, traf eine Auswahl an Dessins, kolorierte diese komplett neu und druckte die Dessins auf dem Mustertisch, bis die Farbnuancen harmonierten.
In ihren Arbeiten ist es Mara Danz ein Anliegen das reiche textile Erbe der Region ins Rampenlicht zu rücken und für ein zeitgenössisches Publikum in neue Kontexte zu übersetzen sowie in aktuelle Modediskurse einzubetten, sodass das Bewusstsein für die Bedeutung der lokalen Handwerkskunst gefördert wird.
Mara Danz gründete das Studio DANZ nach einer zweijährigen Anstellung als Designerin bei Maison Margiela in Paris. Mit ihrem Label konzentriert sie sich auf die nachhaltige und zukunftsgerichtete Produktion und Verwendung von Textilien, sowie Mode als Mittel, um über Lieferketten, feministische Diskurse und Handwerk zu sprechen. Seit der Gründung im Jahr 2021 realisierte sie vielseitige Projekte, wie Modekollektionen, Shows, Performances, Textilarbeiten, Kostüme, Vermittlungsformate, Ausstellungen, Siebdruckkollektionen, Keramikarbeiten oder Showrooms und machte diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Ein weiterer Fokus in Mara Danz Praxis liegt in der Vermittlung, dafür konzipiert Mara Danz Workshopformate, Ausstellungen, hält Vorträge und unterrichtet.
Sara Liz Marty und Nadja Zürcher konzentrieren sich mit ihrem Sharing-Projekt «Common Goods» auf den Erhalt und die Förderung des Tessiner Blaudrucks, bei dem mit Hilfe von Holzmodeln und Indigofärbung Textilmuster gestaltet werden. Diese traditionelle Textildrucktechnik wird noch heute von Matteo Gehringer in der Leventina ausgeführt. Aus den bedruckten Textilien entsteht eine Serie von Jacken, welche nicht gekauft, sondern nur ausgeliehen werden können. Damit hinterfragen die beiden Designerinnen den globalen Kleiderkonsum und regen zu einem Umdenken an. Die Kleidungsstücke werden in einer Gemeinschaft geteilt und so zu «Common Goods».
Sara Liz Marty beschreitet mit ihrer Arbeit alternative Wege, um mit Kleidung in Wechselwirkung zu treten, die ausserhalb des vorherrschenden Paradigmas von «herstellen, konsumieren, wegwerfen» liegen. Sara schloss 2020 ihr Masterstudium in «Fashion Futures» am London College of Fashion an der University of the Arts London mit Auszeichnung ab.
Nadja Zürcher ist Fachlehrperson für Textiles- und Bildnerisches Gestalten. Nach dem gestalterischen Vorkurs absolvierte sie die Ausbildung als Fashion Spezialistin an der Schweizerischen Textilfachschule Zürich. Sie ist stellvertretende Dozentin an der pädagogischen Hochschule, hat eine langjährige Erfahrung als Fachlehrperson in verschiedenen Schulen und setzt nebenberuflich kreative Projekte um.
Im Spinnlab können elementare Prozessschritte der textilen Wertschöpfungskette sichtbar gemacht werden und ermöglichen die praxisnahe Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Textilindustrie: die Erforschung und praktische Erprobung alternativer, textiler Materialien erlauben die Produktion mit industriellen Labormaschinen und damit die schrittweise Anpassung von Neuentwicklungen an den industriellen Massstab. Bisher war eine direkte industrielle Anwendung nur mit mehreren hundert Kilogramm Fasern für einen Spinnversuch möglich. Mit dem Spinnlab schliesst die HSLU damit eine wichtige Lücke zwischen dem handwerklichen Spinnereiprozess und der Industrie und bietet Lösungen für die konkreten Herausforderungen von Designer:innen im Umgang mit Naturfasern und Sekundärrohstoffen.
Brigitt Egloff ist Textildesignerin, Forscherin und Dozentin an der Hochschule Luzern – Design Film Kunst. Ihr Fokus liegt auf nachhaltigen Materialstrategien, textiler Nachhaltigkeit im Kontext von Recycling- und Naturfasern, Farbsystemen für Solarmodule sowie der Lehre an der HSLU – DFK. Derzeit ist sie in mehreren interdisziplinären Innosuisse-Projekten tätig, in denen sie mit Industriepartnern aus dem Textil- und Produktbereich sowie mit Forschungspartnern zusammenarbeitet. Ihr Fokus liegt auf der Umsetzung textiler Designstrategien in nicht-textilen Produktbereichen (Solar) sowie der Verbindung von Forschung und Lehre. Brigitt Egloffs künstlerische Arbeit wurde in zahlreichen Ausstellungen präsentiert und mit Preisen ausgezeichnet, u. a. mit Residenzen in Berlin und Chicago.
Teilnehmendenzahl beschränkt auf 25 Personen. Anmelden kannst du dich hier.
Der Workshop bietet eine Einführung in das sichtbare Ausbessern von gestrickten Textilien. Es ist möglich, seine löchrigen gestrickten Sachen mitzubringen und mit den grundlegenden Techniken zum Reparieren auszubessern.
Sara Liz Marty versucht, soziale und ökologische Probleme des Modesystems ganzheitlich anzugehen, wo die Verhaltensänderungen des Einzelnen für eine nachhaltigere Zukunft ebenso wichtig sind wie Transparenz, Rechenschaftspflicht und Verantwortung von Unternehmen.
Die vier innovativen und kreativen Brüder, alle mit schönen Moustaches, brauen seit 2019 mit viel Leidenschaft grossartige Biere.
Frauen haben sich seit den 1960er Jahren in weiten Teilen Westafrikas als Zwischenhändlerinnen mit importierten Stoffen ein lukratives Geschäft aufgebaut.
Experimente mit traditionellen Anbau- und Produktionsweisen sowie künstlerische und kollektive Herangehensweisen an die Kultur des Textilen und den Umgang mit Mode zeigen kreative Spielräume für zukünftige Entwicklungen auf.
Die Arbeit «Auftrennen» beschäftigt sich mit dem Akt des Auftrennens von Kleidungsstücken und der dahinter verborgenen Arbeit. Es werden die jeweiligen Originalfäden der aufgetrennten Kleidungsstücke, die Anzahl Nähte, die Dauer des Auftrennens und die Meterangabe des verwendeten Fadens gezeigt, welche für das Nähen des Kleidungsstücks einst mal gebraucht wurden. Die Arbeit soll auf das Verhältnis zwischen Arbeit, Arbeiter*innen, Zeit und Materialverbrauch hinweisen und Informationen aufdecken, über welche nach der Produktion nicht mehr gesprochen wird. Der Akt des Auftrennens zeigt den dahinter verborgenen Arbeitsaufwand und den Materialverbrauch, welcher für die Herstellung und die Änderung eines Kleidungsstückes gebraucht wird und in der Schneiderei oft nicht verrechnet werden kann.
Silvie Noemi Demont ist 1996 in Chur geboren, lebt und arbeitet in Chur und Luzern. Nach abgeschlossener Lehre als Bekleidungsgestalterin und mehreren Jahren Berufserfahrung in verschiedenen Ateliers hat sie 2022 ihren Bachelor in Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste abgeschlossen. Ende 2022 stellte Silvie ihr eigenes Upcycling Label EIVLIS auf die Beine, welches aus ihrer eigenen künstlerischen Praxis entstanden und inspiriert ist. Seit Herbst 2023 absolviert sie ihren Master in Fine Arts mit dem Major in Art Teaching an der Hochschule für Design & Kunst in Luzern.
Als gelernte Bekleidungsgestalterin beschäftigt sich Silvie in ihrer künstlerischen Praxis mit Aspekten der Textilindustrie, dem Wert der Arbeit und dem Konsum von Kleidung. Um Problematiken wie die globale Auswirkung von Fast-Fashion anzusprechen, bedient sie sich in ihren Arbeiten oft der Dekonstruktion. Dabei setzt sie sich kritisch mit Fragen zur Massenproduktion auseinander und untersucht deren Einfluss auf das Handwerk sowie die Art wie Kleidung produziert wird. Mit dem Ziel, die verborgenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Kleidung, die dahinterstehenden Personen und die aufgewendete Zeit sichtbar zu machen. Zusätzlich versucht sie, ihr ausgeprägtes Interesse an verschiedenen Textilien, derer Materialität, Farben und Strukturen in ihren Arbeiten einfliessen zu lassen.
Schellenartige Objekte, gefüllt mit einem Substrat aus Lebensmittel, werden von Geissen getragen, um das Mikrobiom der Alp zu sammeln. Landschaften haben ein unerschöpfliches kulinarisches Potenzial, das wir so erkunden können. Dabei verwenden wir Textilien als Werkzeug und Trägermaterial für Geschichten. Die Textilien schützen reifende Lebensmittel vor Staub. Durch eine aufwändige Verarbeitung, materialisiert sich die investierte Achtsamkeit gegenüber der unsichtbaren und langsamen Reifung. Dargestellt auf den Tüchern sind im Prozess involvierte Objekte und Subjekte. Inspiriert vom Brauchtum und den dazugehörigen Trachten wird versucht die Landschaft in Textilien einzuarbeiten. Beim Forum Situated Practices wird von der Expedition mit den Geissen berichtet und Einblicke in die textile Formfindung gegeben.
Hanes Sturzenegger, ist bildender Künstler und Fotograf. Er ist Gründungsmitglied und Co-Leiter der Dogo Residenz für Neue Kunst. Marisa Sturzenegger, ist Theater- und Trachtenschneiderin und arbeitet als Kostümbildnerin für die freie Theaterszene. Beide wohnen und arbeiten in Lichtensteig.
The production and handling of textiles provide a basis for critical discussion. The WeMend project aims to invite participants to engage in open and peaceful dialogue through the process of stitching together different fabrics and to promote a sustainable exchange of diverse perspectives. Initiated in 2023 at the ‘Womanifesto: Flowing Connections’ exhibition (BACC, Bangkok), Womanifesto artist-organisers set up WeMend as a social and community workshop space. The collective stitching of fabrics from the Glarus Economic Archive creates a space to reappraise historical events through textiles and establish direct connections between the textile industry in Glarus and the origin of WeMend. The colorful dialogue that becomes visible in the patchwork created by participants during the event in Glarus will be merged into a continuously growing larger artwork taking shape simultaneously in different locations all over the world as a combined cloth bringing together diverse cultural imprints to accentuate interrelationship between people. It will be installed at art exhibitions as a shelter-like structure, starting with Sharjah Biennial 16 in February 2025, where visitors are invited to continue attaching patches making the fabric grow. WeMend in Glarus is led by Salma Al-Khadra. Womanifesto is organized by artists Varsha Nair, Nitaya Ueareeworakul and Preenun Nana.
Salma Al-Khadra is invited by Womanifesto as part of the growing network of artists engaging local communities for WeMend. WeMend sites of engagement, 2023-2025: Bangkok and Udon Thani, Thailand. Baroda, India. Sharjah, UAE. Lucerne and Glarus, Switzerland. Dundee, U.K. Nogura village, Nagoya, Japan. Herzfelde, Germany. Sydney, Australia. Lahore, Pakistan. Pueblo, U.S.
The contribution traces the journey of two indigenous textile fibres — Kala cotton and Desi Oon — and the efforts of farmers, pastoralists, craft artisans and Khamir, to conserve, sustain and promote the natural and cultural heritage that have nourished these fibres. It recreates the revival of these fibres in Kutch, a semi-arid region of India, and unfolds the technical, cultural and creative challenges that have accompanied this process — from land to the loom. Large-scale shifts in Indian agriculture have marked a significant breakdown of the value loops and deep interdependent economies between farmers, spinners, weavers, dyers and tailors. First, in the nineteenth century, when the cultivation of short staple indigenous varieties of cotton shifted to long staple cotton, which could feed the mills of Britain; and then in the late twentieth century when a global push towards hybrid, genetically modified varieties of cotton strode over the farming of more resilient local cotton varieties. The process of conserving indigenous cotton seeds, sheep breeds, their fibres and a range of associated textile crafts, challenge all the essential premises on which the political economy of contemporary textiles rest. However hope comes in many forms — the intense climatic variabilities and growing vulnerabilities to climate change, is compelling farmers and pastoralists to revisit the choices they have been compelled to adopt by a globalized market economy. Their growing understanding and need to revive their local cotton seeds and animal breeds, which are more adaptable and resilient to climatic variabilities, hold out a tremendous opportunity to transform the landscape of indigenous textile fibres. Through her experiences, the author stitches together a story of localization wherein Khamir attempts to restore a lost heritage and the bonds between farmers, pastoralists, spinners, weavers and dyers.
Sushma Iyengar is a Social Activist and Educator. She founded the Kutch Mahila Vikas Sangathan, a women’s collective and organization in the late 1980s and it’s offshoot Qasab, a collective of women embroidery artisans. In the last three decades, Sushma has led transformative action with marginalized communities in the area of gender justice, indigenous cultures, traditional livelihoods, local governance, and post disaster rehabilitation. Based in Kutch, she is also a co-founder and the President of Khamir, a platform for craft artisans to conserve the ecology and heritage of their crafts. She has pioneered many grass root initiatives including the first community radio initiative run by rural women in India, and piloted one of the first successful community run resorts in India—Shaam-e-Sarhad, governed by pastoral communities in Banni. She is an advisor to the UK-based Paul Hamlyn Foundation’s India Programme and is on the Board of the Axis Bank Foundation and the Bharat Rural Livelihood Foundation. She is an Associate Professor with the Centre for Heritage Management at Ahmedabad University as an adjunct professor. Her publications include Picture This! Painting the Women’s Movement (University of Chicago, 2013) and is the lead curator of the national exhibition ‘Living Lightly—Journeys with Pastoralists’—an outcome of her longstanding interest and experience with indigenous communities, including nomadic pastoralists.
Das Wirtschaftsarchiv Glarus verfügt über einen faszinierenden Bestand an Materialien und Dokumenten, der im Rahmen einer zukünftigen situativen vernetzten Forschung das Potential birgt, andere Geschichten zu erzählen und dabei die bisher unverbundenen Schauplätze und Akteure neu zu verflechten.
Das Glarner Tüechli ist ein traditionelles Textilprodukt aus dem Kanton Glarus, das seit dem 19. Jahrhundert hergestellt wird. Es ist bekannt für seine charakteristischen Muster und seine hohe Qualität. Ursprünglich wurde das Tüechli aus Baumwolle gefertigt, einem Rohstoff, der importiert wurde und eine Schlüsselrolle in der Glarner Textilindustrie spielte. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert erlebte die Glarner Textilwirtschaft einen wirtschaftlichen Aufschwung, an dem Unternehmen wie die Legler Textilfabrik maßgeblich beteiligt waren. Besonders zentral ist das Paisley- Muster, auch Kaschmir-Muster genannt, welches das klassische Glarner Tüechli ziert. Ursprünglich aus dem fernen Osten stammend, wurde es von Glarner Textil Händlern ins Tal gebracht und ist heute ein Symbol des Glarnerlands.
Im Rahmen des Forum Situated Practices bietet das IfTF einen Workshop an, bei dem Besuchende ihr eigenes Glarner Tüechli im Format eines Taschentuches (Verweis auf die historische Verwendung als “Nastüechli”) gestalten können. Mit einer Reservetechnik gestalten die Teilnehmenden ihr eigenes Muster und färben es anschließend in einem Indigo-Bad. Der Workshop verbindet traditionelles Textilwissen, Kulturtheorie, Kunst und schafft ein lebendiges Miteinander, das zu Reflexion und Diskussion anregen soll.
Das Institut für Textiles Forschen (IfTF) setzt sich seit 2016 für den praktischen und theoretischen Austausch mit textilen Techniken und Themen ein. Im Mittelpunkt stehen hierbei das Erfahren, Lernen und Experimentieren sowie das Zusammentragen und Weitergeben von Wissen. Das Institut versteht sich als Instrument um gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel, auf welche das Textile unmittelbar reagiert, zu reflektieren, gemeinsam innerhalb und ausserhalb textiler Fachkreise zu diskutieren und praktisch zu erforschen. Es hat den Anspruch, das textile Arbeiten in einem zeitgenössischen Licht zu beleuchten, innovative Umgangsformen mit dem Medium Textil zu finden und sich über Generationen hinweg auszutauschen. Seit 2018 ist das IfTF ein gemeinnütziger Verein.
Barbara Muff ist Mitgründerin des Instituts für textiles Forschen (IfTF), unterrichtet an unterschiedlichen Institutionen textile Techniken und entwickelt im Rahmen des IfTF diverse interdisziplinarische Projekte. In ihrer künstlerischen Praxis, die meist in einer kollektiven Arbeitsweise angelegt ist, begibt sie sich auf die Suche nach dem haptischen Denken, Erleben und Erinnern. Der Faden spielt in ihren Projekten eine zentrale Rolle und ist das Instrument, um Verknüpfung zwischen Themen, Orten und Menschen metaphorisch greifbar zu machen.
Alexander Amir Khan verbindet Design, Kunst sowie Forschung in seinen Projekten. Dabei arbeitet er zurzeit in der Schweiz, Mexiko und Brasilien. Er kombiniert Naturkautschuk mit Textilien, organischen Fasern, natürlichen Farben und kreiert dadurch Biomaterialien, Serien sowie Aktionen. Seit 2023 ist er Teil des IfTF – Institut für Textiles Forschen Basel, wo er durch Workshops sowie Forschungsarbeiten sein Wissen teilt. Sein nächstes Projekt in Mexiko vertieft seine Arbeit mit Naturkautschuk im Kontext von Kunst und Material. Sein Ziel ist es, durch seine kreative Arbeit Menschen kennenzulernen und gemeinsam altes Wissen über Materialien, Handwerk sowie Kultur zu transformieren und damit zu bewahren.
Die Auseinandersetzung mit historischen Quellen bietet für die künstlerische Praxis viele Chancen. Diese Präsentation untersucht, wie Designer und Künstler historische Textilien, Muster und Techniken als Inspirationsquelle nutzen können, um zeitgenössische Werke zu schaffen. Verschiedene Ansätze werden beleuchtet, darunter die Reinterpretation traditioneller Handwerkstechniken, die Integration von historischen Stoffen in moderne Kollektionen und die kritische Reflexion über kulturelle Identität durch Mode. Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf textile Narrative, sondern fördert auch einen Dialog über gesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit und kulturelle Aneignung. Ziel ist es, die Bedeutung historischer Quellen für die kreative Praxis im textilen Bereich zu verdeutlichen und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen zu diskutieren.
Dr. Madlaina Brugger ist Historikerin und Philologin. Seit 2024 leitet sie das Glarner Wirtschaftsarchiv, das die Zeugnisse der Glarner Industriegeschichte sammelt und erforscht. Das Archiv steht Forschenden, Lernenden und Interessierten offen. Ausstellungen präsentieren die schönsten Schätze einer breiten Öffentlichkeit.
Ausgehend von einer Serie von Kopftüchern, die im Glarnerland bis in die 1960er Jahre für den Afrikahandel produziert worden sind, thematisiert die im Frühling 2023 eröffnete Wechselausstellung des Anna Göldi Museums den Textildruck als kulturelle Praxis und Gegenstand einer seit dem 18. Jahrhundert weltweit geteilten Geschichte. Als partizipativ und inklusiv ausgerichteter Ort des gesellschaftlichen Dialogs ging es dem Museum um die Frage, inwieweit es möglich ist, das mit dieser Geschichte verbundene textile Wissen in unserer heutigen Migrationsgesellschaft als geteiltes Kulturerbe lebendig zu halten und zugleich Denkanstösse zu liefern, die zu einer Dekolonialisierung unserer Erinnerungskultur beitragen.
Ursula Helg hat sich als promovierte Kunst- und Kulturwissenschaftlerin über viele Jahre mit den textilen Praktiken Afrikas befasst. Seit 2022 leitet sie das Anna Göldi Museum und kuratierte die derzeitige Wechselausstellung «Bunte Tücher, geteilte Geschichte – auf den Spuren von König Baumwolle».
Ein filmischer Essay entstanden im Rahmen der “Postcards from the Future” für das 75. Locarno Film Festival (Piazza Grande) Die Arbeit ist Teil einer Recherche für Andrea Štakas neuen Kinospielfilm, inspiriert von Eveline Haslers Roman “Ibicaba- Das Paradies in den Köpfen”
Andrea Štaka studierte Film an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Ihre Filme HOTEL BELGRAD (1998) und YUGODIVAS (2000) brachten ihr Anerkennung an internationalen Festivals wie Locarno und Sundance. DAS FRÄULEIN (2006), ihr Debütfilm, gewann den Goldenen Leoparden am Locarno Film Festival, das Herz von Sarajevo und den Schweizer Filmpreis für das Beste Drehbuch. 2007 gründete sie mit Thomas Imbach Okofilm Productions. Ihr zweiter Spielfilm CURE – THE LIFE OF ANOTHER (2014) wurde im Wettbewerb von Locarno uraufgeführt und ihr dritter Spielfilm MARE (2020) feierte an der 70. Berlinale Weltpremiere. 2022 drehte sie eine Serie für das Schweizer Fernsehen SRF. Andrea Štaka ist Mitglied der europäischen Filmakademie.
Textile Cultural Practices ist eine Veranstaltung vom Verein Forum Situated Practices in Kollaboration mit der Forschungsgruppe Produkt & Textil der HSLU Design Film Kunst, dem StudioLab Eco! und der Klöntal Triennale unterstützt von der Kulturförderung des Kanton Glarus, HSLU Design Film Kunst und der reSPact foundation.
Vom 13. bis 15. September 2024 findet unter dem Claim Textile Cultural Practices ein erstes Forum Situated Practices im Rahmen der Klöntal Triennale 2024 auf dem Areal der ehemaligen Legler Textilfabrik in Diesbach im Kanton Glarus Schweiz statt. Thematisch setzt sich die dreitägige Veranstaltung mit der Geschichte und Zukunft des Textilen auseinander.
Auf dem Gelände der ehemaligen Textilfabrik arbeiteten zu Spitzenzeiten bis zu 80 Menschen unter den damals üblichen Bedingungen an den Spinn- und Webmaschinen. Glarus war mit zahlreichen weiteren Textilbetrieben ein Hotspots der Textilindustrie, die in der Landschaft unübersehbare Spuren hinterlassen und die Gesellschaft geprägt hat.
Die Textilbranche bleibt auch nach ihrer weitgehenden Verlagerung in den globalen Süden bis heute eine der schmutzigsten Industrien der Welt, wo sich Missstände durch die gesamten Produktions- und Lieferketten ziehen, von den Anbaumethoden der Rohstoffe, über Menschenrechtsverletzungen bei den Arbeitsbedingungen bis zu den enormen Umweltbelastungen durch Produktionsverfahren und exzessiven Over-Konsum.
Andererseits ist Mode eines der spannendsten kulturellen Feldern, wo wir alle auf unterschiedlichste Weise und nach komplexen und ständig wechselnden Kriterien, die weit über rationale Kaufentscheidungen hinaus gehen, in einem grossen Spiel von Anpassung und Abgrenzung partizipieren und wo durch sinnstiftende Interaktionen von Menschen und Dingen im Alltag laufend Identitäten ausgebildet, zugespitzt oder aufgelöst werden.
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklungen, aktueller kultureller Analysen und der spezifischen historischen Erfahrung des Ortes soll in der diesjährigen Ausgabe des Forum Situated Practices der Frage nachgegangen werden, wie sich die Textil- und Modebranche im Hinblick auf einen nachhaltigen und gerechten Umgang mit Ressourcen entwickeln könnte, inwiefern praxisbasiertes Wissen oder traditionelle Anbau- und Produktionsverfahren wieder eine Bedeutung bekommen könnten und worauf sich zukünftige Modetrends richten müssten.
Forum Situated Practices 2024: Textile Cultural Practices wird von Brigitt Egloff, Tina Moor, Elisabeth Nold Schwartz, Peter Spillmann und Nora Wagner kuratiert.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurde lange als eine in erster Linie lokale Geschichte verstanden mit einem kritischen Fokus auf ihre sozialen und wirtschaftlichen Effekte vor Ort. Die engen Verstrickungen mit den globalen kolonialen Verhältnissen blieben dabei meist unsichtbar oder werden auf der Ebene der exotischen Motive, welche in lokale Traditionen eingeflossen sind, idealisiert.
Nach 25 Jahren historischer Forschung ist klar: Eidgenoss:innen waren auf alle möglichen Arten an transatlantischer Sklaverei und Kolonialismus beteiligt, Pro-Kopf vermutlich noch mehr als Frankreich. Zentral ist bei dieser Verflechtungsgeschichte die Textilindustrie: Indiennes- und Leinenstoffe dienten als Tauschgut gegen Versklavte an den Küsten Afrikas, sklavereiproduzierte Baumwolle aus der Karibik und den USA legte den Grundstein für die Industrialisierung der Schweiz. Neben der Textilgeschichte zeigen sich koloniale Verknüpfungen auch im Solddienst, in der Auswanderung, in Investitionen, in Völkerschauen und in der Wissensproduktion. Das illustrierte Referat wird auch Glarner Beispiele enthalten, textile (Fridolin Blumer, Johann Rudolf Jenny) und andere (Johann Jakob v. Tschudi, Jean Rudolphe Trümpy, Heinrich Rosenberger, Jakob Steinmüller, Matthias Schlittler, Thomas Legler).
Hans Fässler (Jahrgang 1954) ist Historiker, Aktivist und Stadtführer. Sein «Reise in Schwarz-Weiss. Schweizer Ortstermine in Sachen Sklaverei» (Zürich 2005) gilt als eines der Bücher, welche die Debatte über die Schweizer Kolonial- und Sklavereigeschichte angestossen haben. Mütterlicherseits hat er Wurzeln in der Glarner Textilindustrie (Leuggelbach, Nidfurn), väterlicherseits in der St.Galler Schokoladeindustrie (Maestrani). Fässler lebt und arbeitet in St.Gallen.
Vitjitua Ndjiharine’s installation is full of colorful forking paths and patterns is inspired by visuals of roads, maps, pathways and constellations of space and social infrastructure, constructed and abstracted, mostly in Africa. Her installation is a continuation of an ongoing examination of Gropius Hain in collaboration with Dekoloniale Berlin, focusing on colonial stratifications and unlearning the dominant narratives in Berlin’s public space, including the problematic legacy of Königliches Museum für Völkerkunde. Back in 2022, the artist installed a series of flags at the site of the former museum, archiving the accounts of Black history and resistance in the city of Berlin. Parallelly, a new commemorative plaque was added on the corner of Niederkirchnerstraße and Stresemannstraße by FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum as part of their anti-racist rereading of space. The artist discusses themes associated with this work which include colonial entanglements between Europe and Africa.
Vitjitua Ndjiharine, (b. 1988) is a multidisciplinary visual artist from Namibia. She develops strategies of deconstructing and re-contextualizing the pedagogical function of texts and images found within colonial archives.
Delivery Details is a companion piece realized as part of the Return To Sender project presented at documenta15 in Kassel. This work explores the proliferation of second-hand clothes and textile waste from the Global North shipped to Global Southern countries across Africa and Asia as a way for their main producers, the Global North, to get rid of them, through dubious legal and regulatory channels.
The multimedia installation comprises three parts, central to which is a pavilion of waste constructed from tightly bound bales of used and discarded garments, known in Kenya as "mitumba". They serve as an ugly reminder of the impact of uncontrolled consumption and grotesque waste generated in the Global North, and the regulations that allow these objects and waste to be smuggled into the Global South, forcing them to be the business of less industrialized nations to deal with, as both waste and non-waste.
The Nest Collective is a multidisciplinary arts collective living and working in Nairobi. Founded in 2012, the Nest Collective has created works in film, music, fashion, visual arts, and literature such as the critically-acclaimed queer anthology film Stories of Our Lives, which has so far screened in over 80 countries and won numerous awards. The Nest Collective also founded HEVA—Africa’s first creative business fund of its kind—to strengthen the livelihoods of East Africa’s creative entrepreneurs.
Die Textilbranche ist auf unterschiedlichen Ebenen auf der Suche nach Strategien, wie die Produktion und der Umgang mit Textilien nachhaltig, innovativ und kreislaufbasiert organisiert werden kann. Mit Blick auf Textil-Design sind Spielformen des lokalen Handwerks, Netzwerk-, Sharing- und Prozessstrategien oder die Verwendung von digitalen Tools vielversprechend.
Der Programmteil Textile Designstrategien_ entstand in Kollaboration mit der Forschungsgruppe Produkt & Textil der HSLU Design Film Kunst und wurde von Brigitt Egloff, Tina Moor und Nora Wagner kuratiert.
Zum Einstieg wirft Martina Huggel einen Blick in die Vergangenheit. Konkret beleuchtet der Input die Geschichte des Glarner Textildrucks. Dieser Zweig der Glarner Industrie- und Textilgeschichte steht stellvertretend für alle anderen, wie bspw. die ebenso traditionsreiche Textilweberei. Die rund 280jährige Geschichte des Textildrucks endete im Jahr 2023 mit der Schliessung der letzten Glarner Textildruckerei. Als Johann Heinrich Streiff 1740 in Glarus die erste Textildruckerei eröffnete, war kaum vorstellbar, welchen Stellenwert dieser Industriezweig für das Glarnerland erlangen würde. Generationen von Glarnerinnen und Glarnern wurden Zeug*innen von dessen wirtschaftlichem Erfolg, der Pracht der produzierten Stoffe und Ornamente, aber auch von den Schattenseiten der Industrialisierung für die Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter.
Martina Huggel (*1973) ist Historikerin und Museumsfachfrau aus Zürich. Sie studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Kirchengeschichte an der Universität Zürich. Matura und Studium absolvierte sie über den zweiten Bildungsweg. Danach führte sie ihr Weg direkt ins Museum. Seit 16 Jahren arbeitet sie in verschiedenen Schweizer Museen. Die längste Zeit davon im Museum Aargau, wo sie 11 Jahre tätig war, zuletzt als Chefkuratorin und Vizedirektorin. Nach zwei weiteren Aargauer Museen, einer kurzen Tätigkeit in der Abteilung Kultur des Kantons Aargau und einem MAS in Kulturmanagement (Uni Basel, Abschluss 2020) führte sie ihr beruflicher Weg in den Kanton Glarus. Dort leitet sie seit Oktober 2023 das Museum des Kantons Glarus im Freulerpalast, wo im Juni 2024 der neue Teil der Dauerausstellung zum Glarner Textildruck eröffnet wurde
Physisches Handwerk ist die Technologie des vordigitalen Zeitalters, während digitale Werkzeuge zum Handwerk der Zukunft werden. Augmented Weaving kreierte einen Beitrag zur ersten holografischen Modenschau von Future Front Row an der Amsterdam Fashion Week. In der Kollektion „On The Fraying Edge“ trifft Tradition auf Technologie. Jedes Stück erscheint tragbar, widersetzt sich aber den Zwängen der Schwerkraft und eröffnet Raum für die Vorstellung einer anderen Realität.
Augmented Weaving ist ein experimentelles Forschungsprojekt, das die Technik des Jacquardwebens mit digitalen Formen des Handwerks thematisiert. Initiiert wurde es 2021 von den beiden Designerinnen Anita Michaluszko und Flavio Bon. Ihre Schwerpunkte bilden sowohl der physische wie den virtuellen Bereich, wo die beiden virtuos mit 3D-Design und Metaverse-Anwendungen das traditionelle Design in die digitale Welt und zurück verschieben, deren Grenzen ausloten und erforschen.
NERI schafft ein Angebot an ökologisch und industriell gewebter Meterware mit der Nutzung regionaler Naturfasern und Produktion und der Möglichkeit, Kleinmengen zu beziehen. Durch die Vernetzung der Akteur*innen des gesamten textilen Produktionsprozesses – vom Boden, der Aussaat über das Garn zum Färben und Weben – werden die einzelnen Schritte vom Anbau bis zur Produktion für alle sichtbar und nachvollziehbar. Bei NERI werden kleine Bestellungen gesammelt und durch die Aufteilung der Produktion, die von der Industrie geforderten grossen Bestellmengen erreicht. Ziel ist es, kurzmöglichste Lieferketten in der Textilproduktion aufzubauen, die regionale Wertschöpfung zu stärken und dabei Mensch und Natur sich näher zu bringen.
Die erste Edition besteht aus 100% Leinen in Zusammenarbeit mit Swissflax, Linificio e Canapificio Nazionale, der Weberei Minnotex, der Färberei Probst, Botanitex und dem Textilveredler Johann Müller.
Mira Durrer ist Textildesignerin und Fadenzieherin hinter NERI. Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit ist sie Dozentin für Stoffgestaltung an der HF Textildesign Basel und leitet den Studiengang. Als Mitglied von Fibershed DACH setzt sie sich für die Verwendung von regionalen Bastfasern ein.
Nach einer Schneiderlehre und dem Bachelorstudium in Textildesign hat sie zuerst in Dänemark für exklusive Marken wie Chanel und Prada handgewebte Stoffe hergestellt, und danach in der Industrie bei Ruckstuhl und Lantal Textiles als Textildesignerin gearbeitet. Bei Lantal SA leitete sie zudem während zwei Jahren das Designteam in Portugal. Im CAS Nachhaltigkeit für Dozierende in Design und Kunst und im Master Design an der HSLU hat sie ihr Interesse weiter vertieft. Sie sieht sich als Bindeglied zwischen dem Anbau lokaler, nachwachsender Rohstoffe, dem Textildesign, traditionellem Handwerk, den Kleinunternehmer*innen und der lokalen Industrie.
In einer Zeit, in der Materialien oft aus hochspezialisierten Industriekomplexen stammen, betont DANZ die Wichtigkeit, handwerkliche Techniken in zeitgenössisches Design zu integrieren und so das Bewusstsein und das Verständnis für die Nutzung und Verarbeitung von Materialien zu fördern.
Ab 2021 tauchte Mara Danz durch die Kollaboration mit der letzten industriellen Seidendruckerei der Schweiz - der Textildruckerei Mitlödi (GL) - in die Handwerkskunst des Siebdrucks ein. Aus dieser Auseinandersetzung resultierten lebendige, handgefertigte Siebdruckstoffe, die im Glarnerland bedruckt, veredelt und zu verschiedenen Projekten wie beispielsweise der Kollektion ‚if you dont let us dream, we wont let you sleep‘ verarbeitet wurden. Ende 2023 musste die Fabrik ihre Tore für immer schliessen, somit gehören die Stoffe von DANZ zu den letzten, die dort produziert wurden. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit durchforstete Mara Danz unzählige Archivbücher, traf eine Auswahl an Dessins, kolorierte diese komplett neu und druckte die Dessins auf dem Mustertisch, bis die Farbnuancen harmonierten.
In ihren Arbeiten ist es Mara Danz ein Anliegen das reiche textile Erbe der Region ins Rampenlicht zu rücken und für ein zeitgenössisches Publikum in neue Kontexte zu übersetzen sowie in aktuelle Modediskurse einzubetten, sodass das Bewusstsein für die Bedeutung der lokalen Handwerkskunst gefördert wird.
Mara Danz gründete das Studio DANZ nach einer zweijährigen Anstellung als Designerin bei Maison Margiela in Paris. Mit ihrem Label konzentriert sie sich auf die nachhaltige und zukunftsgerichtete Produktion und Verwendung von Textilien, sowie Mode als Mittel, um über Lieferketten, feministische Diskurse und Handwerk zu sprechen. Seit der Gründung im Jahr 2021 realisierte sie vielseitige Projekte, wie Modekollektionen, Shows, Performances, Textilarbeiten, Kostüme, Vermittlungsformate, Ausstellungen, Siebdruckkollektionen, Keramikarbeiten oder Showrooms und machte diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Ein weiterer Fokus in Mara Danz Praxis liegt in der Vermittlung, dafür konzipiert Mara Danz Workshopformate, Ausstellungen, hält Vorträge und unterrichtet.
Sara Liz Marty und Nadja Zürcher konzentrieren sich mit ihrem Sharing-Projekt «Common Goods» auf den Erhalt und die Förderung des Tessiner Blaudrucks, bei dem mit Hilfe von Holzmodeln und Indigofärbung Textilmuster gestaltet werden. Diese traditionelle Textildrucktechnik wird noch heute von Matteo Gehringer in der Leventina ausgeführt. Aus den bedruckten Textilien entsteht eine Serie von Jacken, welche nicht gekauft, sondern nur ausgeliehen werden können. Damit hinterfragen die beiden Designerinnen den globalen Kleiderkonsum und regen zu einem Umdenken an. Die Kleidungsstücke werden in einer Gemeinschaft geteilt und so zu «Common Goods».
Sara Liz Marty beschreitet mit ihrer Arbeit alternative Wege, um mit Kleidung in Wechselwirkung zu treten, die ausserhalb des vorherrschenden Paradigmas von «herstellen, konsumieren, wegwerfen» liegen. Sara schloss 2020 ihr Masterstudium in «Fashion Futures» am London College of Fashion an der University of the Arts London mit Auszeichnung ab.
Nadja Zürcher ist Fachlehrperson für Textiles- und Bildnerisches Gestalten. Nach dem gestalterischen Vorkurs absolvierte sie die Ausbildung als Fashion Spezialistin an der Schweizerischen Textilfachschule Zürich. Sie ist stellvertretende Dozentin an der pädagogischen Hochschule, hat eine langjährige Erfahrung als Fachlehrperson in verschiedenen Schulen und setzt nebenberuflich kreative Projekte um.
Im Spinnlab können elementare Prozessschritte der textilen Wertschöpfungskette sichtbar gemacht werden und ermöglichen die praxisnahe Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Textilindustrie: die Erforschung und praktische Erprobung alternativer, textiler Materialien erlauben die Produktion mit industriellen Labormaschinen und damit die schrittweise Anpassung von Neuentwicklungen an den industriellen Massstab. Bisher war eine direkte industrielle Anwendung nur mit mehreren hundert Kilogramm Fasern für einen Spinnversuch möglich. Mit dem Spinnlab schliesst die HSLU damit eine wichtige Lücke zwischen dem handwerklichen Spinnereiprozess und der Industrie und bietet Lösungen für die konkreten Herausforderungen von Designer:innen im Umgang mit Naturfasern und Sekundärrohstoffen.
Brigitt Egloff ist Textildesignerin, Forscherin und Dozentin an der Hochschule Luzern – Design Film Kunst. Ihr Fokus liegt auf nachhaltigen Materialstrategien, textiler Nachhaltigkeit im Kontext von Recycling- und Naturfasern, Farbsystemen für Solarmodule sowie der Lehre an der HSLU – DFK. Derzeit ist sie in mehreren interdisziplinären Innosuisse-Projekten tätig, in denen sie mit Industriepartnern aus dem Textil- und Produktbereich sowie mit Forschungspartnern zusammenarbeitet. Ihr Fokus liegt auf der Umsetzung textiler Designstrategien in nicht-textilen Produktbereichen (Solar) sowie der Verbindung von Forschung und Lehre. Brigitt Egloffs künstlerische Arbeit wurde in zahlreichen Ausstellungen präsentiert und mit Preisen ausgezeichnet, u. a. mit Residenzen in Berlin und Chicago.
Teilnehmendenzahl beschränkt auf 25 Personen. Anmelden kannst du dich hier.
Der Workshop bietet eine Einführung in das sichtbare Ausbessern von gestrickten Textilien. Es ist möglich, seine löchrigen gestrickten Sachen mitzubringen und mit den grundlegenden Techniken zum Reparieren auszubessern.
Sara Liz Marty versucht, soziale und ökologische Probleme des Modesystems ganzheitlich anzugehen, wo die Verhaltensänderungen des Einzelnen für eine nachhaltigere Zukunft ebenso wichtig sind wie Transparenz, Rechenschaftspflicht und Verantwortung von Unternehmen.
Die vier innovativen und kreativen Brüder, alle mit schönen Moustaches, brauen seit 2019 mit viel Leidenschaft grossartige Biere.
Frauen haben sich seit den 1960er Jahren in weiten Teilen Westafrikas als Zwischenhändlerinnen mit importierten Stoffen ein lukratives Geschäft aufgebaut.
Experimente mit traditionellen Anbau- und Produktionsweisen sowie künstlerische und kollektive Herangehensweisen an die Kultur des Textilen und den Umgang mit Mode zeigen kreative Spielräume für zukünftige Entwicklungen auf.
Die Arbeit «Auftrennen» beschäftigt sich mit dem Akt des Auftrennens von Kleidungsstücken und der dahinter verborgenen Arbeit. Es werden die jeweiligen Originalfäden der aufgetrennten Kleidungsstücke, die Anzahl Nähte, die Dauer des Auftrennens und die Meterangabe des verwendeten Fadens gezeigt, welche für das Nähen des Kleidungsstücks einst mal gebraucht wurden. Die Arbeit soll auf das Verhältnis zwischen Arbeit, Arbeiter*innen, Zeit und Materialverbrauch hinweisen und Informationen aufdecken, über welche nach der Produktion nicht mehr gesprochen wird. Der Akt des Auftrennens zeigt den dahinter verborgenen Arbeitsaufwand und den Materialverbrauch, welcher für die Herstellung und die Änderung eines Kleidungsstückes gebraucht wird und in der Schneiderei oft nicht verrechnet werden kann.
Silvie Noemi Demont ist 1996 in Chur geboren, lebt und arbeitet in Chur und Luzern. Nach abgeschlossener Lehre als Bekleidungsgestalterin und mehreren Jahren Berufserfahrung in verschiedenen Ateliers hat sie 2022 ihren Bachelor in Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste abgeschlossen. Ende 2022 stellte Silvie ihr eigenes Upcycling Label EIVLIS auf die Beine, welches aus ihrer eigenen künstlerischen Praxis entstanden und inspiriert ist. Seit Herbst 2023 absolviert sie ihren Master in Fine Arts mit dem Major in Art Teaching an der Hochschule für Design & Kunst in Luzern.
Als gelernte Bekleidungsgestalterin beschäftigt sich Silvie in ihrer künstlerischen Praxis mit Aspekten der Textilindustrie, dem Wert der Arbeit und dem Konsum von Kleidung. Um Problematiken wie die globale Auswirkung von Fast-Fashion anzusprechen, bedient sie sich in ihren Arbeiten oft der Dekonstruktion. Dabei setzt sie sich kritisch mit Fragen zur Massenproduktion auseinander und untersucht deren Einfluss auf das Handwerk sowie die Art wie Kleidung produziert wird. Mit dem Ziel, die verborgenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Kleidung, die dahinterstehenden Personen und die aufgewendete Zeit sichtbar zu machen. Zusätzlich versucht sie, ihr ausgeprägtes Interesse an verschiedenen Textilien, derer Materialität, Farben und Strukturen in ihren Arbeiten einfliessen zu lassen.
Schellenartige Objekte, gefüllt mit einem Substrat aus Lebensmittel, werden von Geissen getragen, um das Mikrobiom der Alp zu sammeln. Landschaften haben ein unerschöpfliches kulinarisches Potenzial, das wir so erkunden können. Dabei verwenden wir Textilien als Werkzeug und Trägermaterial für Geschichten. Die Textilien schützen reifende Lebensmittel vor Staub. Durch eine aufwändige Verarbeitung, materialisiert sich die investierte Achtsamkeit gegenüber der unsichtbaren und langsamen Reifung. Dargestellt auf den Tüchern sind im Prozess involvierte Objekte und Subjekte. Inspiriert vom Brauchtum und den dazugehörigen Trachten wird versucht die Landschaft in Textilien einzuarbeiten. Beim Forum Situated Practices wird von der Expedition mit den Geissen berichtet und Einblicke in die textile Formfindung gegeben.
Hanes Sturzenegger, ist bildender Künstler und Fotograf. Er ist Gründungsmitglied und Co-Leiter der Dogo Residenz für Neue Kunst. Marisa Sturzenegger, ist Theater- und Trachtenschneiderin und arbeitet als Kostümbildnerin für die freie Theaterszene. Beide wohnen und arbeiten in Lichtensteig.
The production and handling of textiles provide a basis for critical discussion. The WeMend project aims to invite participants to engage in open and peaceful dialogue through the process of stitching together different fabrics and to promote a sustainable exchange of diverse perspectives. Initiated in 2023 at the ‘Womanifesto: Flowing Connections’ exhibition (BACC, Bangkok), Womanifesto artist-organisers set up WeMend as a social and community workshop space. The collective stitching of fabrics from the Glarus Economic Archive creates a space to reappraise historical events through textiles and establish direct connections between the textile industry in Glarus and the origin of WeMend. The colorful dialogue that becomes visible in the patchwork created by participants during the event in Glarus will be merged into a continuously growing larger artwork taking shape simultaneously in different locations all over the world as a combined cloth bringing together diverse cultural imprints to accentuate interrelationship between people. It will be installed at art exhibitions as a shelter-like structure, starting with Sharjah Biennial 16 in February 2025, where visitors are invited to continue attaching patches making the fabric grow. WeMend in Glarus is led by Salma Al-Khadra. Womanifesto is organized by artists Varsha Nair, Nitaya Ueareeworakul and Preenun Nana.
Salma Al-Khadra is invited by Womanifesto as part of the growing network of artists engaging local communities for WeMend. WeMend sites of engagement, 2023-2025: Bangkok and Udon Thani, Thailand. Baroda, India. Sharjah, UAE. Lucerne and Glarus, Switzerland. Dundee, U.K. Nogura village, Nagoya, Japan. Herzfelde, Germany. Sydney, Australia. Lahore, Pakistan. Pueblo, U.S.
The contribution traces the journey of two indigenous textile fibres — Kala cotton and Desi Oon — and the efforts of farmers, pastoralists, craft artisans and Khamir, to conserve, sustain and promote the natural and cultural heritage that have nourished these fibres. It recreates the revival of these fibres in Kutch, a semi-arid region of India, and unfolds the technical, cultural and creative challenges that have accompanied this process — from land to the loom. Large-scale shifts in Indian agriculture have marked a significant breakdown of the value loops and deep interdependent economies between farmers, spinners, weavers, dyers and tailors. First, in the nineteenth century, when the cultivation of short staple indigenous varieties of cotton shifted to long staple cotton, which could feed the mills of Britain; and then in the late twentieth century when a global push towards hybrid, genetically modified varieties of cotton strode over the farming of more resilient local cotton varieties. The process of conserving indigenous cotton seeds, sheep breeds, their fibres and a range of associated textile crafts, challenge all the essential premises on which the political economy of contemporary textiles rest. However hope comes in many forms — the intense climatic variabilities and growing vulnerabilities to climate change, is compelling farmers and pastoralists to revisit the choices they have been compelled to adopt by a globalized market economy. Their growing understanding and need to revive their local cotton seeds and animal breeds, which are more adaptable and resilient to climatic variabilities, hold out a tremendous opportunity to transform the landscape of indigenous textile fibres. Through her experiences, the author stitches together a story of localization wherein Khamir attempts to restore a lost heritage and the bonds between farmers, pastoralists, spinners, weavers and dyers.
Sushma Iyengar is a Social Activist and Educator. She founded the Kutch Mahila Vikas Sangathan, a women’s collective and organization in the late 1980s and it’s offshoot Qasab, a collective of women embroidery artisans. In the last three decades, Sushma has led transformative action with marginalized communities in the area of gender justice, indigenous cultures, traditional livelihoods, local governance, and post disaster rehabilitation. Based in Kutch, she is also a co-founder and the President of Khamir, a platform for craft artisans to conserve the ecology and heritage of their crafts. She has pioneered many grass root initiatives including the first community radio initiative run by rural women in India, and piloted one of the first successful community run resorts in India—Shaam-e-Sarhad, governed by pastoral communities in Banni. She is an advisor to the UK-based Paul Hamlyn Foundation’s India Programme and is on the Board of the Axis Bank Foundation and the Bharat Rural Livelihood Foundation. She is an Associate Professor with the Centre for Heritage Management at Ahmedabad University as an adjunct professor. Her publications include Picture This! Painting the Women’s Movement (University of Chicago, 2013) and is the lead curator of the national exhibition ‘Living Lightly—Journeys with Pastoralists’—an outcome of her longstanding interest and experience with indigenous communities, including nomadic pastoralists.
Das Wirtschaftsarchiv Glarus verfügt über einen faszinierenden Bestand an Materialien und Dokumenten, der im Rahmen einer zukünftigen situativen vernetzten Forschung das Potential birgt, andere Geschichten zu erzählen und dabei die bisher unverbundenen Schauplätze und Akteure neu zu verflechten.
Das Glarner Tüechli ist ein traditionelles Textilprodukt aus dem Kanton Glarus, das seit dem 19. Jahrhundert hergestellt wird. Es ist bekannt für seine charakteristischen Muster und seine hohe Qualität. Ursprünglich wurde das Tüechli aus Baumwolle gefertigt, einem Rohstoff, der importiert wurde und eine Schlüsselrolle in der Glarner Textilindustrie spielte. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert erlebte die Glarner Textilwirtschaft einen wirtschaftlichen Aufschwung, an dem Unternehmen wie die Legler Textilfabrik maßgeblich beteiligt waren. Besonders zentral ist das Paisley- Muster, auch Kaschmir-Muster genannt, welches das klassische Glarner Tüechli ziert. Ursprünglich aus dem fernen Osten stammend, wurde es von Glarner Textil Händlern ins Tal gebracht und ist heute ein Symbol des Glarnerlands.
Im Rahmen des Forum Situated Practices bietet das IfTF einen Workshop an, bei dem Besuchende ihr eigenes Glarner Tüechli im Format eines Taschentuches (Verweis auf die historische Verwendung als “Nastüechli”) gestalten können. Mit einer Reservetechnik gestalten die Teilnehmenden ihr eigenes Muster und färben es anschließend in einem Indigo-Bad. Der Workshop verbindet traditionelles Textilwissen, Kulturtheorie, Kunst und schafft ein lebendiges Miteinander, das zu Reflexion und Diskussion anregen soll.
Das Institut für Textiles Forschen (IfTF) setzt sich seit 2016 für den praktischen und theoretischen Austausch mit textilen Techniken und Themen ein. Im Mittelpunkt stehen hierbei das Erfahren, Lernen und Experimentieren sowie das Zusammentragen und Weitergeben von Wissen. Das Institut versteht sich als Instrument um gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel, auf welche das Textile unmittelbar reagiert, zu reflektieren, gemeinsam innerhalb und ausserhalb textiler Fachkreise zu diskutieren und praktisch zu erforschen. Es hat den Anspruch, das textile Arbeiten in einem zeitgenössischen Licht zu beleuchten, innovative Umgangsformen mit dem Medium Textil zu finden und sich über Generationen hinweg auszutauschen. Seit 2018 ist das IfTF ein gemeinnütziger Verein.
Barbara Muff ist Mitgründerin des Instituts für textiles Forschen (IfTF), unterrichtet an unterschiedlichen Institutionen textile Techniken und entwickelt im Rahmen des IfTF diverse interdisziplinarische Projekte. In ihrer künstlerischen Praxis, die meist in einer kollektiven Arbeitsweise angelegt ist, begibt sie sich auf die Suche nach dem haptischen Denken, Erleben und Erinnern. Der Faden spielt in ihren Projekten eine zentrale Rolle und ist das Instrument, um Verknüpfung zwischen Themen, Orten und Menschen metaphorisch greifbar zu machen.
Alexander Amir Khan verbindet Design, Kunst sowie Forschung in seinen Projekten. Dabei arbeitet er zurzeit in der Schweiz, Mexiko und Brasilien. Er kombiniert Naturkautschuk mit Textilien, organischen Fasern, natürlichen Farben und kreiert dadurch Biomaterialien, Serien sowie Aktionen. Seit 2023 ist er Teil des IfTF – Institut für Textiles Forschen Basel, wo er durch Workshops sowie Forschungsarbeiten sein Wissen teilt. Sein nächstes Projekt in Mexiko vertieft seine Arbeit mit Naturkautschuk im Kontext von Kunst und Material. Sein Ziel ist es, durch seine kreative Arbeit Menschen kennenzulernen und gemeinsam altes Wissen über Materialien, Handwerk sowie Kultur zu transformieren und damit zu bewahren.
Die Auseinandersetzung mit historischen Quellen bietet für die künstlerische Praxis viele Chancen. Diese Präsentation untersucht, wie Designer und Künstler historische Textilien, Muster und Techniken als Inspirationsquelle nutzen können, um zeitgenössische Werke zu schaffen. Verschiedene Ansätze werden beleuchtet, darunter die Reinterpretation traditioneller Handwerkstechniken, die Integration von historischen Stoffen in moderne Kollektionen und die kritische Reflexion über kulturelle Identität durch Mode. Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf textile Narrative, sondern fördert auch einen Dialog über gesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit und kulturelle Aneignung. Ziel ist es, die Bedeutung historischer Quellen für die kreative Praxis im textilen Bereich zu verdeutlichen und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen zu diskutieren.
Dr. Madlaina Brugger ist Historikerin und Philologin. Seit 2024 leitet sie das Glarner Wirtschaftsarchiv, das die Zeugnisse der Glarner Industriegeschichte sammelt und erforscht. Das Archiv steht Forschenden, Lernenden und Interessierten offen. Ausstellungen präsentieren die schönsten Schätze einer breiten Öffentlichkeit.
Ausgehend von einer Serie von Kopftüchern, die im Glarnerland bis in die 1960er Jahre für den Afrikahandel produziert worden sind, thematisiert die im Frühling 2023 eröffnete Wechselausstellung des Anna Göldi Museums den Textildruck als kulturelle Praxis und Gegenstand einer seit dem 18. Jahrhundert weltweit geteilten Geschichte. Als partizipativ und inklusiv ausgerichteter Ort des gesellschaftlichen Dialogs ging es dem Museum um die Frage, inwieweit es möglich ist, das mit dieser Geschichte verbundene textile Wissen in unserer heutigen Migrationsgesellschaft als geteiltes Kulturerbe lebendig zu halten und zugleich Denkanstösse zu liefern, die zu einer Dekolonialisierung unserer Erinnerungskultur beitragen.
Ursula Helg hat sich als promovierte Kunst- und Kulturwissenschaftlerin über viele Jahre mit den textilen Praktiken Afrikas befasst. Seit 2022 leitet sie das Anna Göldi Museum und kuratierte die derzeitige Wechselausstellung «Bunte Tücher, geteilte Geschichte – auf den Spuren von König Baumwolle».
Ein filmischer Essay entstanden im Rahmen der “Postcards from the Future” für das 75. Locarno Film Festival (Piazza Grande) Die Arbeit ist Teil einer Recherche für Andrea Štakas neuen Kinospielfilm, inspiriert von Eveline Haslers Roman “Ibicaba- Das Paradies in den Köpfen”
Andrea Štaka studierte Film an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Ihre Filme HOTEL BELGRAD (1998) und YUGODIVAS (2000) brachten ihr Anerkennung an internationalen Festivals wie Locarno und Sundance. DAS FRÄULEIN (2006), ihr Debütfilm, gewann den Goldenen Leoparden am Locarno Film Festival, das Herz von Sarajevo und den Schweizer Filmpreis für das Beste Drehbuch. 2007 gründete sie mit Thomas Imbach Okofilm Productions. Ihr zweiter Spielfilm CURE – THE LIFE OF ANOTHER (2014) wurde im Wettbewerb von Locarno uraufgeführt und ihr dritter Spielfilm MARE (2020) feierte an der 70. Berlinale Weltpremiere. 2022 drehte sie eine Serie für das Schweizer Fernsehen SRF. Andrea Štaka ist Mitglied der europäischen Filmakademie.
Textile Cultural Practices ist eine Veranstaltung vom Verein Forum Situated Practices in Kollaboration mit der Forschungsgruppe Produkt & Textil der HSLU Design Film Kunst, dem StudioLab Eco! und der Klöntal Triennale unterstützt von der Kulturförderung des Kanton Glarus, HSLU Design Film Kunst und der reSPact foundation.